Allyship: Darum schlummert in jedem von uns ein Ally!

Eine kurze Reise ins Herz des Allyship und wie auch du schon morgen ein Ally sein kannst

Ein Gastbeitrag von Bahar Erdogan

 

💭 Ich sitze in einem gemütlichen Café. Eine Notification pingt und auf meinem Handy zeigt sich die Nachricht eines Bekannten. Er ist nicht mehr "nur ein Bekannter", er ist nunmehr zu einem guten Freund geworden, den ich vor einigen Jahren kennengelernt habe. Eingewandert ist er nach Deutschland, um hier ein neues Leben aufzubauen. Ursprünglich kommt er aus Ägypten. 

Er hat sich entschieden, seine Erfahrungen aus dem Warehousing und Distribution hier anzuwenden, indem er seine eigene Firma etablieren möchte. Sein Vater war auch schon immer ein Unternehmer. Doch in einer fremden Kultur und einem unvertrauten Arbeitsmarkt kann der Anfang mehr als schwierig sein. Egal, wie talentiert du bist. 

Er hat mitbekommen, dass ich bei einer Organisation als Ally für Menschen mit Migrationsgeschichten in Deutschland engagiert bin und mich erstmalig über LinkedIn kontaktiert. Ich bin als Ally aktiv und unterstütze jede Person bei Fragen rund um Kultur, Arbeitsmarkt, Lebenslauf-Reviews, Kontakte, Netzwerken, Banken- und Versicherungssysteme in Deutschland.

Er teilt seine Herausforderungen, die mit der Registrierung seiner Firma einherging, Probleme in der Segmentierung des Marktes, wie wichtig die Beherrschung der deutschen Sprache zu sein scheint. Auch seine Unsicherheiten im Umgang mit deutschen Behörden und den kulturellen Unterschieden, die ihm manchmal ein Rätsel aufgeben.

 

In der Rolle des Ally ist man nicht nur ein*e Zuhörer*in, sondern auch ein*e aktive*r Unterstützer*in. Neben Worten der Ermutigung können konkrete Maßnahmen und Fahrpläne viel mehr bewegen und verändern.

Viele Personen sind dankbar dafür, die Mauern der Ungewissheit abzubauen und Brücken des Verständnisses zu bauen.

Wir haben dir in diesem Beitrag Informationen zusammengestellt, mit denen du mehr über das Konzept von Allyship erfahren wirst.

Denn in einer zunehmend technologisch geprägten Welt, in der soziale Ungleichheiten und Kriege paradoxerweise allgegenwärtig sind und konträre Erfahrungen und Meinungen nicht mehr geschätzt werden als einst, ist Allyship zu einer wichtigen Botschaft geworden.

Allyship ist mehr als nur ein Begriff – es ist eine Verpflichtung zur Veränderung und einem positiven Beitrag für ein gesundes soziales Gefüge. Du gehst als Beispiel voran und inspirierst Mitmenschen (bewusst und unbewusst), sich anzuschließen.

In diesem Artikel erfährst du:
 

📑 Was genau dieser Begriff bedeutet

🌐 Wie die Bewegung entstand

🚶 Wie du ein Ally sein kannst: eine Liste mit 5 ersten Schritten

📚 Buchempfehlungen, um tiefer in das Thema einzusteigen

 

Los geht's: Was ist Allyship?

Allyship beschreibt den Prozess der aktiven Verbündetenschaft einer privilegierten Person mit Menschen aus einer gesellschaftlich unterdrückten Gruppe. Es handelt sich also spezifisch um Solidarität und Verbündetenschaft.

Allys sind Personen, die aufgrund von Faktoren wie Nationalität, Geschlecht, Religion, Fähigkeiten, sexueller Orientierung oder sozialer Herkunft gesellschaftliche Vorteile genießen und sich entschieden haben, einen aktiven Beitrag zu leisten, indem sie diese Vorteile für diejenigen nutzen, die weniger privilegiert sind. Der Idealzustand ist die Überwindung von Macht- und Ungleichheitsverhältnissen.

Mit der Entscheidung, dich als Ally einzusetzen, bist du Teil eines aktiven Prozesses. Du beschäftigst dich mit deinen eigenen Vorurteilen und setzt dich mit deiner Rolle in einem möglicherweise unterdrückenden System auseinander. Du erkennst benachteiligende Zustände und trägst dazu bei, dass du und andere sie verlernen.

Ein Beispiel kann das Verlernen von bestehenden Machtstrukturen sein, durch die du profitierst. Hier wird es heikel, denn dazu musst du dich eingehend und kontinuierlich mit dir selbst und deiner Umwelt kritisch auseinandersetzen.

 

Wie ist Allyship entstanden?

Die Idee ist nicht neu, doch sie hat in den vergangenen Jahren an Bedeutung gewonnen. Ursprünglich entwickelte sich der Begriff in den Bereichen sozialer Gerechtigkeit und Bürgerrechtsbewegungen. Allyship konzentrierte sich auf die Unterstützung von BIPOC-Gruppen und LGBTQIA+-Gemeinschaften, die häufiger Diskriminierung und Ungerechtigkeit erleben. Der Begriff kann auf Solidarität und Parteilichkeit zurückgeführt werden.

 

Was macht einen Ally aus?

Allys zeichnen sich durch ihr Engagement und ihre Taten aus. Sie sind keine passiven Zuschauer*innen, sondern aktive Unterstützer*innen.

Hier sind 5 Schlüsselfaktoren, die einen guten Ally ausmachen:
 

  1. Selbstreflexion: Ein guter Ally setzt sich kritisch mit seinen eigenen Vorurteilen und Privilegien auseinander
     
  2. Kontinuierliches Lernen: Allyship ist ein kontinuierlicher Prozess des Lernens und Wachsens
     
  3. Unterstützung der Betroffenen: Der Fokus liegt darauf, diejenigen zu unterstützen, die von Ungerechtigkeiten betroffen sind, anstatt im Rampenlicht zu stehen
     
  4. Nutzung von Ressourcen: Ein Ally setzt seine Privilegien und Ressourcen ein, um weniger privilegierten Menschen zu helfen

  5. Aktive Beteiligung: Ein Ally ergreift Maßnahmen, um positive Veränderungen für seine Mitmenschen herbeizuführen

 

So kannst auch du ein Ally sein – heute und ewig!

Die Grundlage des Allyships - wie oben aufgelistet - liegt darin, die eigenen Privilegien und Ressourcen zu nutzen, um diejenigen zu unterstützen, die diese Möglichkeiten nicht oder in geringerem Umfang haben.

Hier sind 5 Dinge, die du als Ally tun kannst:

 

  1. Coaching und Mentoring: Biete deine Erfahrungen und Kenntnisse an, um anderen bei ihrer persönlichen und beruflichen Entwicklung zu helfen. Hierzu kannst du dich beispielsweise im Mentoring Club registrieren. Hilf so benachteiligten Personen dabei, Karrierechancen zu nutzen und ihnen den Zugang zu beruflichen Netzwerken zu erleichtern. Bewerbe dich an Universitäten oder bei Stiftungen für ein Mentoring Programm.

  2. Wissen teilen: Informiere dich über die Erfahrungen und Herausforderungen von benachteiligten Gruppen und teile dieses Wissen, um Verständnis und Empathie zu fördern. Andersherum kannst du auch dein Wissen über Ökosysteme, unausgesprochene Codes und Regeln in der Industrie teilen. Egal wo deine professionelle Expertise liegt, biete  benachteiligten Gruppen Möglichkeiten, um üblicherweise verschlossene Türen zu öffnen. Aktiv kannst du in deinem direkten (Arbeits-)Umfeld werden oder auch in Slack Communities und lokalen Events. Meetups sind auch super!

  3. Schulungen und Workshops: Beteilige dich an Schulungen und Workshops zur Förderung von Diversität und Inklusion, um ein Bewusstsein für die Bedürfnisse verschiedener Gruppen zu schaffen. Suche in deiner Stadt nach Vereinigungen wie z.B. den ARIC e.V. in NRW.

  4. Präsentationen und Vernetzung: Nutze deine Kontakte und Plattformen, um Menschen aus unterrepräsentierten Gruppen zu fördern und ihnen Sichtbarkeit zu verleihen. Über LinkedIn gelingt der erste Schritt. 

  5. Unterstütze Unternehmen von marginalisierten Menschen: Für viele Zugewanderte und benachteiligte Personen ist die Selbständigkeit oft der einzige Weg, ein unabhängiges Einkommen zu erwirtschaften. Kaufe z.B. bei Black-Owned Businesses ein und trage so zur wirtschaftlichen Gleichberechtigung bei. Wir bei vollefarben, versuchen es dir so einfach wie möglich zu machen, neue Marken von unterrepräsentierten Gründer*innen kennenzulernen

 

Lust auf mehr?

Über das Thema Allyship gibt es eine Fülle an Literatur, Blog-Artikeln und Videos. Für einen ersten Einstig sind hier einige ausgewählte Bücher zum Thema, die ein detailliertes Verständnis und angemessene Tiefe bieten.

📚 A Guide to Allyship von Blinkist - Eine kurierte Liste mit mehreren Werken rund um das Thema 

📚 Exit Racism von Tupoka Ogette - Ein Leitfaden zur Auseinandersetzung mit dem eigenen Rassismus.

📚 Schwarz sein in einer rassistischen Welt: Warum ich darüber immer noch mit Weißen spreche von Ijeoma Oluo - Eine moderne und relevante Einführung in das Thema Rassismus.

📚 Against White Feminism von Rafia Zakaria - Ein Spiegelbild des westlichen Feminismus und wie er tatsächliche Teilhabe verhindert

📚Gib mir mal die Hautfarbe von Olaolu Fajembola und Tebogo Nimindé-Dundadengar - Ein wunderbarer Erziehungsratgeber für eine weltoffene Familie

📚 Allyship in Action von Julie Kratz - 10 Praktiken für ein inklusives Leben

 

Diesen einen Punkt solltest du mitnehmen und in deinen Gedanken kreisen lassen

Allyship ist kein Trend. Es ist eine Bewegung, um soziale Ungerechtigkeiten anzugehen und einen positiven Beitrag zu leisten. Die Welt braucht stets aktive Unterstützer*innen, die bereit sind, ihre Privilegien und Ressourcen für die Verbesserung der Lebensbedingungen von benachteiligten Gruppen einzusetzen.

Und es braucht nicht komplizierte Strukturen und viele Ressourcen, um ein Ally zu sein. Beginne heute, indem du dich selbst reflektierst, Wissen teilst, bei Fragen zur Verfügung stehst und aktiv handelst. Es könnte deine Legacy sein, ein Footprint, ein Beitrag zur sozialen Gerechtigkeit, den du in diesem Leben hinterlässt.

 

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